Vor kurzem ist meine zweite Tochter zur Welt gekommen. Diesmal hatte ich keine Wochenbettdepression. Eine unfassbar schöne Erfahrung. Alles, was man mir über das Mutterwerden erzählt hatte, stimmte: bedingungslose, überwältigende Liebe, Freude und Zufriedenheit. Aber einen Gedanken wurde ich nicht los: Dass ich diese Gefühle beim ersten Kind nicht hatte.
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Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Und auf den Po.
Als mein erstes Kind zur Welt kam, war das wie ein Schlag ins Gesicht. Und auf den Po. Emotional fühlte ich mich leer, verloren, hatte schreckliche Angst. Körperlich fühlte es sich an, als wäre ich die Tour de France an einem einzigen Tag auf einem Sattel mit rostigen Nägeln gefahren. Ich war nicht auf meine neue Rolle als Mutter vorbereitet und wusste nicht, wer oder was ich sein sollte. Ich erkannte mich in der neuen Version meiner Realität nicht wieder und das machte mich unglücklich. Das war eine Traurigkeit, die sich zu einer Wochenbettdepression auswuchs, auch wenn ich das lange Zeit nicht erkannte.
Wenn aus dem Baby Blues eine Wochenbettdepression wird
Eine Wochenbettdepression schleicht sich hinterlistig an. Jede Frau ist in den ersten Tagen nach der Geburt ein weinerliches Häufchen Elend, weil die Hormone verrückt spielen. Es ist schwer auszumachen, wann aus diesem normalen Baby Blues eine Wochenbettdepression wird. Nach der Geburt meiner ältesten Tochter dauerte es ein ganzes Jahr, bis ich erkannte, dass etwas nicht stimmte, und noch länger, bis ich mir Hilfe wegen Wochenbettdepression suchte.
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Ich dachte, die Dunkelheit sei normal.
Ich hatte früher schon mal eine Depression. Die Krankheit wurde diagnostiziert, als ich 27 war, und seitdem gibt es immer wieder Episoden, wo ich Medikamente nehmen und zur Therapie gehen muss. Und trotzdem traf mich die Wochenbettdepression völlig unvorbereitet.
Ich dachte, die Dunkelheit sei normal – ich hatte ein Baby, mein ganzes Leben war auf den Kopf gestellt, ich hatte einen Mann, der beruflich ständig unterwegs war, ich hatte meinen Job aufgegeben, ich war ratlos, wusste nicht, was ich tun sollte. Ich schlief nicht mehr. Ich ernährte mich von Müsli und Fischstäbchen, die ich noch nicht mal ganz aufaß, und als Kontrollfreak und Perfektionist kam ich mit dem Chaos in meinem Haus und in meinem Leben überhaupt nicht mehr klar. Ich hatte sonst immer alles erreicht, aber jetzt ging einfach gar nichts mehr. Kein Wunder, dass ich so unglücklich war.
Meine Umarmungen waren emotionslos, mein Lächeln leer.
Aber das offensichtlichste Zeichen für die Wochenbettdepression war die fehlende Bindung zu meiner Tochter. Ich hätte ihr nie etwas angetan, aber ich war wie betäubt. Vom Kopf her wusste ich, dass ich mich um sie kümmern musste. Wusste, dass ich mir so sehr wünschte, dass sie ganz viel lächelt und lacht, aber mein Herz fühlte das nicht. Ich hatte das Gefühl, ich könne keine Beziehung aufbauen, dass meine Umarmungen emotionslos waren, dass mein Lächeln leer war.
Ich suchte keine Hilfe. Ich kämpfte mich durch die Wochenbettdepression und dachte, das sei normal. Als ich schließlich mit meinem zweiten Kind schwanger war, nahm ich wieder Medikamente und begann erneut eine Therapie.
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Ich holte mir die Kontrolle über meine psychische Gesundheit zurück
Die Angst, die ich vor der Geburt meiner zweiten Tochter spürte, und meine Angst, dass die Wochenbettdepression wieder zuschlagen würde, dass ich das erste Jahr hassen würde, dass ich die Tage zählen würde, bis sie endlich älter ist, das war zu viel für mich. Ich musste die Vorteile und Nachteile einer Behandlung mit Antidepressiva während der Schwangerschaft abwägen, auf der anderen Seite wollte ich mich nicht wieder so miserabel und niedergeschlagen fühlen (außerdem musste ich mich ja auch um meine andere Tochter kümmern). Ich entschied mich für die Medikamente und es ging mir gut damit.
Ich entschied mich für die Medikamente und es ging mir gut damit.
Jetzt aber zurück zum Anfang. Meine zweite Geburt war ein wunderschönes, freudiges Erlebnis. Ich hatte meine psychische Gesundheit unter Kontrolle, ich akzeptierte die Wochenbettdepression als ernstzunehmenden Gegner, der mich aber nicht in die Knie zwingen würde, und ich wuchs in meine Mutterrolle hinein. Ich wünschte, ich wäre bei der ersten Geburt schon dazu in der Lage gewesen, und ich fühle mich immer noch schuldig, dass ich meiner ersten Tochter nicht das Gleiche geben konnte wie meiner zweiten. Aber wisst ihr was? Meine Älteste hat mich stark gemacht und deshalb wird die Bindung zwischen uns auch nie zerreißen.

Cat Sims
Ehemalige Modeeinkäuferin, Englischlehrerin, Tourmanagerin für Rockstar-Legenden.
Katzen- und Rotwein-Liebhaberin. Verheiratet mit der Musik und regelmäßig Tournee-Witwe. Gründerin des Blogs Not So Smug Now. Setzt sich ein für Schwesterlichkeit und versucht mit ihrem Mann, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen.
Oft unangepasst, Grenzen werden konsequent ignoriert. Seit 36 Jahren auf dem Planeten.